Ruhr Nachrichten vom 12.05.16
Olfen ist schon vor Jahrzehnten stolz auf seine Gewässer gewesen. Der Dortmund-Ems-Kanal ist auf jede Menge Postkarten gedruckt worden. In einer Serie vergleichen wir alte Postkarten mit dem aktuellen Olfener Stadtbild. In dieser Folge geht es um den Kanal in alter und neuer Form: heute Freizeitort, einst ein Ort eines Arbeitslagers.
Als der Kanal nach sieben Jahren Bauzeit 1899 fertig wurde, war auch die Zeit der ersten Postkarten. Kein Wunder also, dass die Wasserstraße als große, neue Sehenswürdigkeit viele Karten ziert. Als der Kanal fertig war und vom Kaiser feierlich eingeweiht wurde, seien am Eröffnungstag 30.000 Postkarten verkauft worden, erzählt Johannes Leushacke. Der Olfener, der mit dem Heimatverein eine Postkarten-Ausstellung organisiert, hat selbst einige Exemplare dieser Karten gesammelt. „Man war da schon stolz drauf", erzählt er über die Freude der Olfener über ihren Kanal.
Ausflügler beim Paddeln
Leushackes Postkarten zeigen Sonntagsausflügler beim Paddeln, die Olfener Brücken über Lippe und Stever, den Kanal mit seinen Schiffen. Besonders stolz war Olfen wohl auch auf die Dreibogenbrücke - eine der ältesten Karten von 1890 zeigt sie. Dass die Alte Fahrt des Dortmund-Ems-Kanals so nah am Ortskern liegt, hat indirekt auch mit der 'Schiefen Brücke' zu tun, erklärt Heimatforscher Leushacke. Hinter der Brücke teilte sich die Straße in die alte Lüdinghauser Straße und die Selmer Straße. Wäre der Kanal weiter weg vom Ort verlaufen, wären zwei Brücken über beide Straßen notwendig gewesen.
Neue Fahrt
Schon nach dem Ersten Weltkrieg begann man mit dem Bau der Neuen Fahrt. Zwischen 1929 und 1937 wurde am neuen Kanalarm als Arbeitsbeschaffungs-maßnahme gebaut, in der NS-Zeit wurde hier das erste
Arbeitslager erreichtet, erzählt Leushacke. 1937 nahm die Neue Fahrt ihren Betrieb auf. Wie lange die Alte Fahrt dann noch in Betrieb war, kann auch das zuständige Wasser-und Schifffahrtsamt
Rheine nur vermuten. Leiter Ulrich Wieching schätzt, dass bis in die 80er Jahre noch kleinere Schiffe dort fuhren. Kiesschiffe zum Beispiel. So eines könnte auch die Postkarte aus den 50er Jahren
zeigen, vermutet Johannes Leushacke. Von 1987 bis 1989 wurde die Alte Fahrt so umgebaut, dass sie für Schiffe nicht mehr nutzbar war.
Als Teil der ‚Grünen Achse‘ ist die Alte Fahrt 2016 erneut umgestaltet worden. Eine überwucherte Insel im ehemaligen Hafenbecken wurde per Steg begehbar gemacht. Somit können die Olfener ihren alten Kanal weiternutzen und stolz auf ihn sein.
Jessica.Bader@mdhl.de