Ruhr Nachrichten vom 25.05.16
Die Kirchstraße war schon immer eine wichtige Straße in Olfen. Das Rathaus und die St. Vitus-Kirche liegen an ihr. Klar, dass die Straße auch Motiv auf Postkarten war, mit der Olfener Grüße schickten. In einer Serie vergleichen wir alte Postkarten mit dem aktuellen Olfener Stadtbild. In dieser Folge geht es um alte Fernwege, Veränderungen an der Kirche und eine Frage des Geschmacks.
Auf den ersten Blick hat sich nicht viel verändert zwischen der Postkarte, die 1968 verschickt wurde, und dem aktuellen Foto. Das Rathaus auf der linken Seite hat bereits die selbe Fassade, die
Kirche hat sich nicht verändert.
Auch der Schuhladen rechts, der im 20. Jahrhundert eine Gaststätte war, hat sich wenig verändert. Nur die Autos, die an der Straße parken, sind moderner.
Auf den zweiten Blick hat sich an der Kirchstraße mehr getan. Die Kirchstraße war einer von zwei Fernwegen durch Olfen, erzählt Johannes Leushacke, der für den Arbeitskreis Geschichte des Olfener Heimatvereins eine Ausstellung über Olfens alte Postkarten vorbereitet.
Die Fernwege wurden im 16. Jahrhundert angelegt. Einer, die Kirchstraße, führte von Lüdinghausen Richtung Haltern, der andere nach Datteln. Im Olfener Stadtgebiet trafen beide Wege aufeinander. Weil sie als wichtige Fernstraße angelegt waren, war die Kirchstraße eine der breitesten Straßen der Stadt.
Einbahnstraße
Heute spielt sie für den Verkehr keine große Rolle mehr. Tempo 10 gilt hier teilweise. Auf dem alten Postkartenbild ist ein Einfahrtverbotenschild zu erkennen. Damals war die Kirchstraße Einbahnstraße. Zudem war sie damals geteert, in den 80er Jahren wurde sie wieder gepflastert. Alles eine „Frage des Geschmacks“, sagt Johannes Leushacke.
Im Hintergrund der Kirchstraße ragt der Turm der St. Vitus-Kirche in den Himmel. Hier begann 1913 Olfens moderne Zeit: Die Stadt wurde ans Stromnetz angeschlossen - die Kirche zuerst. Sie wurde von 1877 bis 1880 gebaut. „Die Vorgängerkirche war zu klein geworden“, erzählt Leushacke. Ab 1880 fanden 1.200 Leute Platz in der Kirche: 800 auf Sitzplätzen, 400 Stehplätze. Und, das für eine Stadt mit 3.0O0 Einwohnern zu der Zeit.
Es war Olfens vierte Pfarrkirche, 188.000 Mark teuer, im gotischen Stil gebaut. Seitdem hat sich St. Vitus' Aussehen äußerlich nicht viel verändert. Innen dagegen wurde die Kirche immer wieder umgestaltet. Das älteste, heute noch erhaltene Stück, ist, so Leushacke, der Taufbrunnen aus dem 13. Jahrhundert.
Fast ein Fehlgriff
Fast wäre es nicht dazu gekommen, dass der markante Turm über der Kirche thront. In einer Chronik auf der Internetseite der Kirchengemeinde schreibt Pfarrer Dirking: „Ursprünglich scheute man die großen Kosten eines neuen Hauptturmes. Lediglich ein kleiner Dachreiter (Kirchtürmchen) über der Vierung von Haupt- und Querschiff war vorgesehen. Aber die großartige neue gotische Kirche mit altem und niedrigem romanischen Turm wäre ein bedauernswerter Fehlgriff gewesen.
Jessica.hauck@mdhl.de