Die Geschichte Olfens - Ausgrabungen in Olfen

Sensation: Römerlager an der Lippe

LWL macht in Olfen wichtige Grabungsfunde

Luftbild Neubauer
Luftbild Neubauer

Kreiskurier vom 20.10.11

OLFEN. Für Archäologen und Historiker ist es ein Meilenstein. Für eine kleine Stadt zwischen Lippe und Stever ist es eine Sensation: Die Römer waren in Olfen. Und das nicht nur zu einem kurzen Durchmarsch, sondern mit einem befestigten Militärlager. Das steht seit kurzem fest.

 

Seit 100 Jahren suchen die Forscher nach den römischen Militärlagern an der Lippe. Zuletzt entdeckten sie im Jahr 1968 ein Lager in Anreppen bei Paderborn. Seitdem suchten sie das letzte Glied in der Kette. Und dieser Lückenschluss ist ihnen nun ausgerechnet in Olfen geglückt, wie Frank Tafertshofer, Pressesprecher des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), bestätigte.

 

Der LWL hat dies in einer Pressekonferenz am Dienstag in Münster offiziell bekannt gegeben. Einen solch hohen Stellenwert hatten die Archäologen nicht einmal den wertvollen Ausgrabungen aus der Steinzeit und der Bronzezeit am Olfener Naturbad eingeräumt.

 

Der „Helm von Olfen"

Als „erstaunlich" bezeichnet auch der Archäologe Dr. Stephan Berke den aktuellen Fund. Der Lehrbeauftragte für Provinzialrömische Archäologie am Archäologie-Institut der münsterschen Universität sieht in der aktuellen Entdeckung die Vermutung bestätigt, nach der die Römer ihre Lager systematisch und in regelmäßigen Abständen errichteten. Berke weist auf den „Helm von Olfen" hin - einen römischen Militärhelm, der beim Bau des Dortmund-Ems-Kanals in Olfen gefunden wurde und auf eine starke Präsenz der Römer in dieser Region hindeute.

 

Entdeckt wurde die aktuelle römische Fundstelle in der Bauernschaft Sülsen zwischen Olfen und Datteln. Zunächst war noch nicht klar, um was es sich handelte. Deshalb beauftragte der Landschaftsverband Wissenschaftler mit Probegrabungen. Die hatten schnell die Vermutung, dass es sich um eine Entdeckung aus römischer Zeit handeln könnte. Ihre Untersuchungen ergaben jetzt absolute Sicherheit: Auf dem Gebiet der heutigen Stadt Olfen - in der Nähe der Lippe - gab es ein Lager römischer Legionäre.

 

Die Probegrabungen fanden im August statt. Von den Arbeiten machte Fotograf Oskar Neubauer einige Luftaufnahmen. Die Fundstelle wurde wieder zugeschüttet, um Schatzraub zu verhindern.

 

Mit Schiffen auf der Lippe

Schon bald werden nun umfangreiche Grabungen beginnen, die entsprechend gesichert werden. Im nächsten Jahr wird sich dann herausstellen, wie umfangreich die Präsenz der Römer im heutigen Olfen war.

 

Fest steht, dass die Römer die Lippe mit ihren Schiffen befuhren. Unter Kaiser Augustus versuchte das Römische Reich, das freie Germanien als Provinz in sein Imperium einzugliedern. Die Grenze des Reiches sollte vom Rhein bis an die Elbe vorgeschoben werden.

 

Eine Marschroute der Römer verlief entlang der Lippe nach Osten. Zur Sicherung des Vormarsches wurden an der Lippe Kastelle angelegt. Ein wichtiger Stützpunkt der römischen Armee lag im heutigen Haltern. Da ein Tagesmarsch des römischen Militärs rund 20 Meilen betrug, könnte in Olfen durchaus das nächste Kastell östlich davon gelegen haben.

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Kupfermünze in Sülsen führt zur Sensation / 44-Jähriger macht Fund seines Lebens

RN-Foto Woitschell
RN-Foto Woitschell

Ruhr Nachrichten vom 26.10.11

OLFEN. In seiner Freizeit marschiert Andre Eibisch über Felder und hält Ausschau nach Schätzen aus längst vergangener Zeit. Vor zwei Jahren fand der Archäologe in der Bauernschaft Sülsen eine Kupfermünze. Dann noch zwei weitere und einige Keramikscherben. Damit setzte Eibisch eine Maschinerie in Gang, die dazu führte, dass Wissenschaftler ein Römerlager aus der Zeit des Kaiser Augustus fanden -eine Sensation.

 

Der Herner hatte das Gebiet schon länger im Blick, war schon öfter da gewesen, um den Acker systematisch abzusuchen. „Das ist kein Spaziergang", betont er. Die Münze, die er vor zwei Jahren fand, hatte der Bauer frisch hochgepflügt. Eibisch konnte das Kupferstück sofort zuordnen. Er habe sofort Kontakt zum Landesdenkmalamt aufgenommen. „So einen Fund macht man nur einmal im Leben", sagte der 44-Jährige gestern.

 

Er hielt geduldig dem Journalisten-Andrang in der Archäologie-Abteilung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe stand, erzählte immer wieder, dass er sich seit 25 Jahren mit der Archäologie beschäftigt und an dieser Stelle schon lange ein Lager vermutet hatte. „Mich wundert, dass es nicht schon eher gefunden wurde."

 

Vor ihm aufgereiht lagen nicht nur die Kupfermünzen und mehr als 50 Keramikscherben, die zuerst an die Oberfläche kamen, sondern auch Ess- und Trinkgeschirr, Salbfläschchen und Gewandspangen, die die Wissenschaftler in den vergangenen zwei Jahren bei Probegrabungen noch ans Tageslicht befördert hatten. Mittendrin der alte Römerhelm, der die Wissenschaftler 1890 das erste Mal aufhorchen ließ. Gefunden in der Lippe bei Olfen. Alle Indizien werden von den Archäologen säuberlich geputzt, datiert und dokumentiert. Wer sie anfassen will, muss Stoffhandschuhe anziehen.

 

Andre Eibisch wollte gestern aber nur gucken, nicht anfassen. Er hat seine Arbeit getan und inspiziert jetzt weitere Felder. „Ich freue mich und kann es selbst noch nicht

so ganz fassen."

Iris Woitschell


Hochgepflügter Schatz

Ruhr Nachrichten vom 26.10.11

OLFEN Die Erforschung des vor einigen Wochen entdeckten Römerlagers an der Lippe soll so schonend wie möglich geschehen. Dr. Michael Rind, Chefarchäologe des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), erläuterte in der Stadthalle vielen Bürgern der Steverstadt das geplante weitere Vorgehen.

 

„Wir möchten mit minimalen Eingriffen so viele Informationen wie möglich erhalten.“ 100 Jahre habe man das Römerlager gesucht, nun sei es gefunden worden. Dies sei ein Glücksfall für die Archäologie. Auch weil es das einzige nicht verbaute Lager sei.

 

Konzept wird erstellt

„Jede Ausgrabung bedeutet auch eine Zerstörung. Deswegen möchten wir auch so wenig wie möglich ausgraben.“ Wann die nächsten Ausgrabungen auf dem Gelände durchgeführt werden, konnte der Chefarchäologe noch nicht sagen. „Wir erstellen zurzeit ein Konzept.“

 

So werde auch weiter überlegt, ob man das Gelände zu einem archäologischen Reservat erkläre. Dann müssten aber auch Landkäufe getätigt werden. „Die Funde in Olfen sind für uns sehr spannend“, so Michael Rind. Viele Fragen wären noch offen.„Uns interessiert die Torsituation, auch über das Innenleben in dem Lager wissen wir noch nicht viel.“ Die Untersuchung in Olfen würde sicherlich über ein Jahrzehnt andauern. „Unser Forschungsschwerpunkt könnte in den nächsten Jahren in Olfen liegen.“

 

Fundstücke in Olfen ausstellen

Es müssten aber noch einige finanzielle Dinge geklärt werden. Michael Rind sagte aber zu, die Olfener immer wieder über mögliche Funde und weitere Erkenntnisse über das Römerlager zu informieren. „Wir werden sicherlich auch Fundstücke in Olfen zeigen.“

 

Archäologin Dr. Bettina Tremmel erklärte den vielen Interessierten, man habe zunächst nicht mit so einem Lager gerechnet. „Nach verschiedenen Funden von Münzen haben wir uns den Kaninchenberg östlich der Rauschenburg genauer angesehen.“ Bei Suchschnitten sei man auf zwei Gruben mit römischem Material gestoßen. „Damals sind wir nur von einem rund 500 Quadratmeter großen Militärposten ausgegangen.“

 

Erst Luftaufnahmen hätten die Archäologen zu weiteren Untersuchungen auf einem Acker veranlasst. „Und dort sind wir dann fündig geworden.“ Man habe deutliche Zeichnungen eines Spitzgrabens entdeckt. „Dieser Graben war vier Meter breit und 1,60 Meter tief“, so Bettina Tremmel. Zudem habe man auch Zeichnungen von zwei Pfostengraben entdeckt.

 

Drusus-Feldzüge

„Wir denken, das Lager war 5,3 Hektar groß und diente den römischen Legionären als Versorgungslager.“ Mit dem Fund sei nun die Lücke zwischen den Lagern in Oberaden und Haltern geschlossen. „Wir sind uns sicher, dass das Lager aus der Zeit der Drusus-Feldzüge zwischen elf und acht vor Christi stammt“, so die Archäologin.

 

Vieles sei mit dem Lager in Oberaden identisch, so könne man die Zeit auch genau datieren. Bei den Ausgrabungen haben die Archäologen viel römisches Material gefunden. Unter anderem 17 Silbermünzen und über 100 Bronzemünzen.

 

„Dies ist ein spannender Fund und wir erhoffen uns viele neue Erkenntnisse.“ Es sei durchaus möglich, dass es rund um das Hauptlager auch kleinere Lager gegeben habe. „Der Boden in Olfen ist unser Archiv, dass wir durch Grabungen so wenig wie möglich zerstören möchten.“


Forscher nutzten modernste Methoden, um das Lager zu finden

LWL-Direktor Wolfgang Kirsch präsentiert eine Gewandspange (Fiebel) als Fundstück.
Foto dpa

Ruhr Nachrichten vom 26.10.11

OLFEN. Jahrhundertfund, Sensation, die erste Entdeckung eines Römerlagers im 21. Jahrhundert - die Superlative des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) nahmen gestern kein Ende.

Die Verantwortlichen waren mächtig stolz auf ihren Fund in Olfen. Allen voran LWL-Direktor Wolfgang Kirsch. Er setzte sich mit einem breiten Grinsen einen Römerhelm auf den Kopf.

Der Bronze-Militärhelm wurde bereits 1890 in der Lippe bei Olfen entdeckt. Dieser erste Hinweis ließ die Altertumsforscher aufhorchen. Es war jedoch erst der Beginn einer jahrzehntelangen Schnitzeljagd. Der Helm landete im Römermuseum in Haltern und erlangt jetzt erneut Berühmtheit.

 

Nachdem eine Familie aus Herne vor zwei Jahren in Olfen römische Münzen und Keramikscherben gefunden hatte, legte sich der LWL ins Zeug. In einem Waldgebiet machten Mitarbeiter im vergangenen Jahr eine Probegrabung. Dort fanden sie eine Grube mit römischer Keramik, Metall- und Eisenteilen sowie Knochen. „Da waren wir schon ziemlich sicher, dass dort mehr ist, als nur römische Zufallsfunde", erklärt LWL-Chefarchäologe Michael Rind.

 

Spurensuche aus der Luft

Die Fundstelle befindet sich auf einer natürlichen Anhebung, die einen Abfall von 15 Metern darstellt. „Die Römer haben also gezielt und bewusst einen Platz ausgesucht, der sich gut verteidigen ließ", so Michael Rind. Im nächsten Schritt machten Luftbildarchäologen der Ruhr-Uni Bochum Aufnahmen aus einigen Hundert Metern Höhe. Laien erkennen auf den Bildern Äcker, Wald und Schattierungen ohne klare Muster. Experten jedoch schlussfolgerten aus Unterschieden im Pflanzenwuchs und einer hellen Spur im Weizenfeld, dass dort ein Spitzgraben verläuft, der vor 2000 Jahren ein Römerlager umgeben hat.

 

Schließlich gruben die Wissenschaftler in diesem Jahr einen so genannten Suchschnitt von 13 Metern Länge und 2,5 Metern Tiefe. „In einem Meter Tiefe ist die Struktur des Wehrgrabens zu erkennen, der ist fast fünf Meter breit", erklärt Grabungsleiterin Bettina Tremmel. Der Lehmboden selbst sei unglaublich schwer zu bearbeiten, die Funde seien extrem schwer zu erkennen. Bei dieser Grabung fanden die Archäologen auch die Fundamente einer Holz-Erde-Mauer, die in das Innere des Römerlagers führt.

 

Sondengänger suchten das Gelände nach Metallgegenständen im Boden ab und wurden fündig. Spätestens da wurde aus dem vagen Verdacht Gewissheit. Die Archäologen standen vor einer Sensation - tief unter der Erde.

 

Gleichzeitig stehen die Archäologen jetzt vor einer Arbeit, die Jahrzehnte dauern wird. „Es gibt noch keinen Grabungsplan und wir werden den Acker jetzt nicht komplett umgraben", sagte Michael Rind, für den die Erhaltung des Denkmals an erster Stelle steht.