Alte Postkarten

Vinnumer Kirche - Kirche der Hartnäckigen

RN-Repro Bader

Ruhr Nachrichten vom 30.04.16 

Ende des 19. Jahrhunderts war aus Vinnum, im Gegensatz zu anderen Olfener Bauernschaften, ein richtiges, kleines Dorf geworden. Klar, dass die Vinnumer Sehenswürdigkeiten es auch auf Postkarten schafften. In einer neuen Serie vergleichen wir alte Postkarten mit dem aktuellen Olfener Stadtbild.

 

In der zweiten Folge geht es um hartnäckige Dorfbewohner und das „Vinnumer Modell“. Siehe auch hier. Die Postkarte ist eine der ältesten, die Johannes Leushacke besitzt: 1905 wurde sie verschickt. Damals gehörten die Grüße noch vorne auf die Karten, hinten stand die Adresse. Ebenfalls vorne abgebildet die alte Marien-Kapelle von Vinnum (rechts). Sie wurde 1896/97 gebaut. Denn zuvor hatten die Vinnumer zum Gottesdienst immer nach Olfen laufen müssen: eine Stunde hin und eine Stunde wieder zurück, erzählt Johannes Leuhacke vom Arbeitskreis Geschichte des Heimatvereins.

 

Ein Bürger namens Josef Horstrnann hatte dann die Idee, eine Kapelle zu bauen. Dafür hat man ihm später einen Straßennamen gewidmet. Horstmann sammelte auch Geld für den Bau der Kapelle. Die Kapelle wurde gebaut – allerdings hatten die Vinnumer da noch keine Erlaubnis, einen Gottesdienst abzuhalten, so Leushacke. Der Olfener Pfarrer habe nicht für Gottesdienste nach Vinnum fahren gewollt. 1902 bekamen die Vinnumer einen Altar in ihre Kapelle – der Pfarrer lehnte Gottesdienste dort weiter ab.

 

Bitte beim Bischof

Kurzerhand seien die Vinnumer mit einer Delegation zum Bischof nach Münster gefahren. Sie hatten 1906 einen Kapellenverein gegründet. Über den wollten sie einen Pater aus Datteln für Gottesdienste nach Vinnum kommen lassen und ihn auch bezahlen. Dafür brauchte man nun die Erlaubnis des Bischofs. Der sagte zumindest zu, dass es ab 1906 einen Gottesdienst geben durfte. Der musste aber so früh beginnen, dass man danach noch aus Vinnum nach Olfen laufen konnte, um dort am Hochamt teilzunehmen.

 

Die Olfener Pfarrer sollen aber wenig erfreut gewesen sein, als sie vom Vinnumer Alleingang erfuhren, erzählt Leushacke. Erst 1922 bekamen die Vinnumer die Erlaubnis, an allen Sonn- und Feiertagen Gottesdienste abzuhalten. Damals sei das Sprichwort vom „Vinnumer Modell“ aufgekommen, erzählt der Heimatforscher Leushacke: Wir machen erst mal, und fragen dann um Erlaubnis. Sprich: Wenn die Kapelle erst mal steht, wird schon ein Gottesdienst stattfinden.

 

Neue Wohnung gebaut

1926 besuchte zum ersten Mal ein Bischof Vinnum. Ab 1927 übernahmen dann auch die Olfener Geistlichen die Gottesdienste von den Dattelner Patres.

 

Ein paar Jahrzehnte später wiederholten die Einwohner ihr „Vinnumer Modell“: Sie bauten 1952, wieder ohne Erlaubnis, eine neue Priesterwohnung im Dorf. Danach bekam Vinnum einen eigenen Priester, wurde 1962 seelsorgerisch selbstständig.

 

Bald wurde die Kapelle zu klein für das wachsende Vinnum. 1967/68 wurde eine neue Kirche gebaut - die Marien-Kirche. Der Kindergarten dahinter folgte 1971. Zehn Jahre später gehörte Vinnum in Kirchendingen dann doch wieder zu Olfen: 1981 übernahm der Olfener Pastor wieder die Seelsorge der Vinnumer.

 

 

Jessica.Bader@mdhl.de