Olfener Kneipen damals

Kurbaum

ehemalige Inhaber: Bonberg, Theresia und Bänd (kinderlos)

Leider war die Recherche zum Kurbaum/Hügelhaus sehr schwer, da keine Familie der vormaligen Eigentümer mehr aufzufinden ist. Schließlich und endlich half mir unter anderem Jöppi Wilms mit seinen Erinnerungen. Auch ein Gespräch mit den Eheleuten Wessels vom Hahnenberg und mit meinem Vater haben mir neue Erkenntnisse gebracht. Die Aussage weiterer Zeitzeugen war immer: „Dao was örndlik wat los, dao heft wie düftig fiert“ (Da war ordentlich was los, da haben wir tüchtig gefeiert).

 

Wie es früher so üblich war, lebten auch die Bonbergs nicht nur von der Gastwirtschaft, sondern sie hatten nebenbei auch noch etwas Landwirtschaft. Ferner befand sich im hinteren Gebäudeteil im ersten Stock eine Schreinerei. Dort ging der Besitzer Bernhard Bonberg seiner Haupttätigkeit als Schreiner nach. Unter der Schreinerei im Erdgeschoss befanden sich die Toiletten, die nur von außen über den Hof zugänglich waren. Seine Frau „Thresken“ stammte aus Ottmarsbocholt. Die Ehe blieb kinderlos.

 

Eine Besonderheit war, dass das Bier aus der Wand kam. Der Wirt zapfte mit dem Rücken zum Gast. Eine Theke gab es nicht, es stand dort nur ein einfacher Tisch.

 

Vor dem Krieg baute Bernhard Bonberg im Biergarten, links neben dem Haus, eine offene Kegelbahn, die zur linken Seite durch eine Hecke abgeschirmt war. Die Kegelbahn war nur mit einem Dach versehen. Man nannte sie Bonbergs Bohlenbahn, denn die Bahn bestand aus der Bohle einer mächtigen Buche. Sie war aus einem Stück. Die Bohle verzog sich durch Witterungseinflüsse sehr stark. Alle „Neune“ waren nur mit viel Glück zu erreichen und die Ergebnisse waren nicht berechenbar. Erst nach dem Krieg wurde die Bahn abgebrochen.

 

Während des Krieges, vor dem Frankreichfeldzug, waren im Saal Wehrmachtseinheiten gelagert. Später wurden auch Kriegsgefangene dort untergebracht: zuerst Polen und später Serben und Kroaten. Die Kriegsgefangenen wurden unter anderem von Volkssturmmännern bewacht. Morgens wurden sie auf die umliegenden Bauernhöfe verteilt und abends unter Bewachung wieder zurückgebracht. Später verblieben die Gefangenen auch über Nacht auf den Bauernhöfen.

 

Nach dem Krieg fanden an jedem Wochenende Tanzveranstaltungen im Saal statt. Die Musik machten die Brüder Willi und Walter Plewka. Oft gab es dann zu vorgerückter Stunde kernige Kloppereien, wobei die Brüder kräftig mitmischten.

 

1947 kam dieses unsittliche Treiben auch Pfarrer Harrier zu Ohren, der dazu in seiner Pfarrchronik notierte:

„Eine traurige Folge des Krieges war die Überhand nehmende Vergnügungssucht, besonders unter der Jugend. Man glaubte, dass im Krieg Versäumte nun nachholen zu müssen. Der eine Tanzkurs folgte dem anderen. Alles drängte sich zu den Tanklokalen und ins Kino. Besonders berüchtigt war das Tanzlokal in der „Wirtschaft Bonberg“ an der Dattelner Straße. Hier versammelte sich jeden Sonntagabend und oft auch noch werktags abends allerlei zweifelhaftes Gesindel von Olfen und Datteln zum Tanzen. Die Frau Bonberg erklärte mir, sie müsste auf diese Weise Geld verdienen um die Zinsen bezahlen zu können. Ob es ihr auf diese Weise gelingt?“

 

1948 notierte Harrier

„Die nach dem Krieg einsetzende Vergnügungssucht tobt sich auch in diesem Jahr noch weiter aus. Fast jeden Sonntag mit Ausnahme der Fasten- und Adventszeit war in einem, meist sogar in mehreren Lokalen Tanz.“

 

Als Bernhard Bonberg ende der 40er Jahre starb half die Nachbarin Ziska Korte jahrelang aus. Thresken Bonberg sah sich nach einem Nachfolger und Erben um. Sie hatte dabei einen Nachfolger ins Auge gefasst, Adolf Wilming, Neustraße. Der war damals schon mit Elisabeth Hagen liiert. Er sollte als Erbe den Betrieb übernehmen.

 

Als Wilming, er war von Beruf Bautechniker, mit seinem Plan, die alten Toiletten mit Zugang nur vom Hof aus, durch neue zeitgemäße WC’s zu ersetzen, biss er bei Thresken auf Granit. Auf Platt erklärte sie ihm: „Et bliew als so, äs mien seeligen Natz mi’t öwerloaten hätt.“

Damit war das Ende der Erberei besiegelt und Adolf zog ab.

 

In den 60er Jahren mietete Möbel Meyer aus Datteln den Saal als Lagerraum. So entstand eine sich lohnende Verbindung, denn Meyer kaufte das Anwesen auf Rentenbasis. Thresken zog nach Olfen in die Oststraße, wo sie nach kurzer Zeit erkrankte und starb.

 

Von 1973 – 1978 war der Kurbaum an Walter Rodegro aus Waltrop verpachtet. Im Jahr (?) gab es einen großen Brand, bei welchem der vordere Teil weitgehend zerstört wurde. Dieser wurde neu aufgebaut. Danach pachtete Werner Zittig aus Datteln das heutige „Hügelhaus“.

 

Zeitweilig konnte man das Hügelhaus als Partylocation mieten.

 

Gerd Lübbert
03.03.20